Schlagwort-Archive: Personalisierung

Personalisierung – so nah und doch so fern

Leider habe ich die letzte Zeit viel zu wenig Muße gefunden, um diesen Blog weiterhin mit Inhalt zu füllen. Etliche Themen habe ich angekratzt, keines davon abgeschlossen. Nun habe ich aber ein Thema, dass zwar übergeordnet, aber dennoch äußert elementar für den Betrieb einer Data Management Platform ist: PERSONALISIERUNG.

Definition Personalisierung

Man, das Wort ist so verdammt mächtig. Jeder spricht drüber, jeder befasst sich scheinbar damit. Aber wenn man einmal die Diskussionen auf den Kern runterbricht, merkt man erst, dass die Definition von Personalisierung gar nicht allgemeingültig ist. Jeder, einfach jeder hat eine unterschiedliche Vorstellung darüber, was Personalisierung im jeweiligen Kontext eigentlich bedeutet.

Google zeigt mir 17.300.000 (Stand August 2018) Ergebnisse für den Suchbegriff „Personalisierung“ und dankenswerterweise auch direkte eine Definition:

Definition Personalisierung

 

 

 

Klar soweit? Immerhin wissen wir jetzt, wie wir das Wort trennen dürfen.

Wikipedia ist da schon ein wenig genauer:

Personalisierung bezeichnet in der Informationstechnik die nominelle Zuordnung von Merkmalen zu einer nutzenden Person und die Anpassung von Programmen, Diensten oder Informationen an die persönlichen Vorlieben, Bedürfnisse und Fähigkeiten eines Benutzers.

Damit können wir doch schon mal arbeiten. Hier steckt jede Menge drin, aus dem wir bereits Arbeitpakete schnüren könnten, denen wir uns (oder eine KI) im Rahmen der Personalisierung widmen müssen (muss):

  • Nominelle Zuordnung von Merkmalen zu einer nutzenden Person
  • Anpassung von Programmen, Diensten oder Informationen an die persönlichen Vorlieben, Bedürfnisse und Fähigkeiten eines Benutzers

Klingt einfach? Dann geht es euch wie den meisten Unternehmen, die sich blindlings auf die Fahnen schreiben, dass sie nun Personalisierung machen wollen. Vollpersonalisierung, 1:1 Personalisierung – ach, was hört man da nicht alles.

Aber was braucht man dafür eigentlich?

Wenn ich mir die Definition so anschaue, wird deutlich, dass wir zuerst herausfinden müssen:

  • Was relevante Merkmale einer Person sind
  • Was die persönlichen Vorlieben, Bedürfnisse und Fähigkeiten meiner Benutzer sind

Ach,  vereinfacht gesagt muss ich erstmal wissen:

Wer sind meine Nutzer?

Wo sind meine Nutzer?

Was suchen meine Nutzer?

Was denken meine Nutzer?

Wie verhalten sich meine Nutzer?

Somit wird klar: Daten, wir brauchen Daten.

 

Motivation

Aber wie generieren wir relevante Daten? Wo fangen wir an? Und warum machen wir das eigentlich?

Das ist nämlich der nächste Punkt: Ohne ein bestimmtes Ziel macht die Personalisierung eigentlich kaum Sinn.

Das ist im Übrigen auch in vielen Projekten überhaupt nicht klar: Warum zum Teufel machen wir Personalisierung? Weil wir cool sind, weil das alle machen? Fragt man nach Zielen für die Personalisierung gehen die Meinungen innerhalb der Firma weit auseinander. Genau dieser Umstand führt aber oftmals auch dazu, dass sie schlecht umgesetzt ist.

Auch wenn das manchmal den Anschein hat, dass das einfach nur ein Trend ist, auf den wir alle aufspringen müssen, sollte doch klar, dass wir am Ende des Tages einfach nur Geld verdienen wollen. Und zwar alle Beteiligten. Na gut, der Nutzer evtl. nicht.

Damit eine Unternehmung Geld verdient, muss sie Umsatz machen. Umsatz werden über verkaufte Produkte oder Dienstleistungen erzielt. Produkte oder Dienstleistungen werden aber nur dann gekauft, wenn sie… ?! Genau! …relevant sind. Relevanz ist das Stichwort. Durch Personalisierung wollen wir Relevanz erzeugen. Und zwar schnell, eindeutig und nachhaltig.

Targeting Vs. Personalisierung und die Rolle der KI

Als ich damals als Consultant für Conversion Optimierung angefangen habe, habe ich den Kunden immer gesagt: Ihr habt maximal 3 Sekunden Zeit, um einem Kunden euer Produkt zu positionieren. Schafft ihr das nicht, klickt der einfach auf „Zurück“ und landet dann bei der Konkurrenz. Chance vertan! Das Internet hat den Markt einfach transparent und schwierig gemacht. Viele der Faktoren für einen unvollkommenen Markt hat das Internet doch einfach aufgelöst. Persönliche Präferenzen, Standortfaktoren – all das hat abgenommen, weil ich entweder keinen persönlichen Kontakt mehr zum Leistungserbringer habe oder aber räumliche Nähe gar keine Rolle mehr spielt. Wir sind frei, wir können jeden Tag 24h überall auf der Welt einkaufen – egal, was wir gerade brauchen. Für mich als Endkunde super, für Anbieter eher schwierig. Damit ich mich von der Konkurrenz abhebe, muss ich also relevanter sein als der Rest. Damals hat man Relevanz dadurch erzeugt, dass man spezielle Landing Pages im Netz eingesetzt hat. Das war somit eine der ersten Formen der Personalisierung im Online Marketing. So hieß das früher, bevor man auf die Idee kam, dass das ja nicht mehr nur „online“ ist, sondern jetzt Digital Marketing heißen sollte. Naja, wie dem auch sei: Diese Landing Pages wurden dann für unterschiedliche Suchbegriffe eingesetzt. Das haben wir damals nicht Personalisierung, sondern einfach nur Targeting genannt.

Suchbegriffe – oder neudeutsch „Keywords“ – sind im Übrigen für mich eine der besten Informationsquellen für Personalisierung! Man muss sich mal überlegen, wie viel Interpretation bspw. die Suchbegriffe „Krasse Karre mit dicken Puschen“ oder „Familienauto für den sonntaglichen Ausflug zur Großmutter“ für einen Automobilhersteller ermöglichen. Da kann ich schon ziemlich viele Informationen generieren, die Rückschlüsse auf Merkmale, Bedürfnisse, Vorlieben und Fähigkeiten meiner Nutzer ermöglichen, um mein Angebot dementsprechend anzupassen.

Das waren damals die ersten Versuche, um Relevanz zu erzeugen: Durch das Auslesen der Suchbegriffe wird dem Nutzer also entsprechender Inhalt ausgeliefert. Ziemlich simpel und effektiv. Geringer Aufwand – großer Nutzen.

Natürlich wird das dann immer weiter verfeinert. Letztendlich geht es darum, möglichst heterogene Cluster zu bilden, die Kunden bzw. Besucher umfassen, die unter sich wiederum möglichst homogen sind. Da fängt man dann ziemlich rudimentär an und wird immer granularer. Suchbegriffe, Referrer, besuchte Webseiten – all das wurde genutzt, um Rückschlüsse darauf zu ziehen, welche Bedürfnisse ein User hat. Dann wurden neben „online Verhaltensdaten“ irgendwann weitere Datentöpfe angezapft. CRM Daten, Datenprovider oder externe System zur Ermittlung irgendwelcher Scores kamen auf, um ach so wertvolle Infos für Personalisierungsmaßnahmen zu liefern.

Der Schlüssel zum Erfolg war dabei Testing. Wenn man also eine Annahme oder Hypothese gefunden hatte, wurde ein A/B-Test aufgesetzt, um die Hypothese zu überprüfen. Dabei kamen dann Dinge raus wie „User im südlichen Europa konvertieren auf einer Dating Landing Page häufiger, wenn das Testimonial dunkle Haare hat“ oder „User von Facebook konvertieren häufiger, wenn man auf das höfliche ‚Sie‘ verzichtet“. Dann wurde eine Variante gebaut und gegen „Default Content“ getestet. Man kann sich vorstellen, wie komplex das irgendwann wird, weil man ja Erkenntnisse aus den Tests mitnimmt und die Segmente immer granularer werden (User von Facebook mit Geolocation Italien würden bei Bestätigung der beiden Hypothesen ja sowohl ein dunkelhaariges Testimonial als auch eine geänderte Ansprache erhalten).

Wenn man das nun weiter denkt, sollte klar sein, dass an einem bestimmten Punkt jeder User ein eigenes Segment darstellt. Händisch ist das kaum zu bewältigen, sodass man sich an einem bestimmten Punkt der Personalisierung die Frage stellen musste, ob der Aufwand noch einen entsprechenden Nutzen bringt.

Damit komme ich zu meiner ursprünglichen Frage zurück: Ab welchem Punkt wird denn aus Targeting Personalisierung? Ist eine segmentbasierte Aussteuerung von Informationen und Inhalten Personalisierung?

Der Markt hat eine Antwort und spricht nun von Vollpersonalisierung oder 1:1 Personalisierung als großes Ziel von Personalisierungsmaßnahmen. Helfen tun dabei mittlerweile Algorithmen. Künstliche Intelligenz wird dabei mit Daten gefüttert, die aus diesem Daten selbständige Informationen generiert und im Beispiel der Onsite Personalisierung die richtigen Experiences an die User ausspielt.

Eigentlich total super, gerade für mich, der jahrelang händisch Segmente gebaut, Hypothesen erstellt und getestet und entsprechende Experiences definiert hat. Die Maschine hilft nun ungemein. Man muss der AI lediglich die richtigen Daten geben und den Content zur Verfügung stellen, damit der Algorithmus die richtigen Experiences aus den Inhalten zusammenbaut.

Cool, oder?

Endlich hat der Markt das, wonach er immer gesucht hat: Den Autopiloten. Ich kann mich entspannt zurücklehnen, während die Maschine arbeitet. Am Ende des Tages kann ich dann zum Chef gehen und ihm die Ergebnisse zeigen.

Aber…

Probleme

…was passiert, wenn die Ergebnisse nicht wie gewünscht sind? Habe ich die falschen Daten geliefert? Stimmt der Inhalt nicht?

…wer produziert all den Content, um jedem Nutzer eine eigene Experience zu garantieren?

…wo macht Personalisierung Sinn? Wo verschafft sie Mehrwerte?

…wie sieht ein Reporting aus, wenn meine Webinhalte „vollpersonalisiert“ sind?

Gerade beim letzten Punkt sollte klar sein: Wenn wir Vollpersonalisierung betreiben, wird sich auch das gesamte Reporting verändern müssen. Ein auf statische Seiten ausgelegte Webanalyseplattform kann diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Ein Tracking der Seite „Homepage“ sagt nichts darüber aus, welche Inhalte ein User auf dieser Seite gesehen hat. Somit kann ich auch die Inhalte nicht vernünftig bewerten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich möchte sagen, dass Personalisierung sicherlich ein spannendes Thema ist. Unternehmen besitzen aber derzeit überhaupt nicht die Mittel, um dieses Monster zu kontrollieren.

Deshalb werde ich auch weiterhin dafür einstehen, dass Personalisierung erst dann punktuell eingesetzt werden soll, wenn sich der Einsatz bewiesen hat, indem ich die Hypothesen über Testing verifiziert habe, sodass ich stets erkenntnisgetrieben arbeite und verifizieren kann, dass sich die daraus entstehenden zusätzlichen Arbeitsaufwände für Contenterstellung, Targeting und Reporting wirklich lohnen.

Eine Personalisierung aber nur auf Basis hunderter Hypothesen aufzubauen ohne sie getestet zu haben und sich auch der Auswirkungen auf das gesamte Digitalmarketing (insbesondere Reporting) nicht bewusst zu sein, halte ich für fragwürdig.

Man überlege sich einmal, wie man denn hinterher beurteilen möchte, ob die Personalisierung funktioniert oder nicht. Je nach Ziel schaut man sich im einfachsten Fall einfach die KPIs an und sieht, ob sich verbessert haben. Sind sie besser, ist alles fein, sind sie es nicht – woran lag es dann? Bei so vielen Stellschrauben kann man gar nicht beurteilen, welche der einzelnen Faktoren einen positiven oder negativen Einfluss auf die KPIs haben.

Personalisierung ist also ein Zielbild einer iterativen Optimierung, die Erkenntnisse generiert, um Personalisierung umzusetzen. Wenn diese Erkenntnisse nicht vorhanden sind, beruht alles, was man umsetzen möchte, auf nicht verifizierten Hypothesen. Das ist gefährlich und kann am Ende des Tages für ein Projekt auch ziemlich teuer werden.

 

Welche Business Probleme löst eine DMP?

Die Einsatzgebiete einer DMP sind vielseitig. Darunter leidet leider auch das allgemeine Verständnis über die Möglichkeiten einer DMP. In Meetings habe ich oftmals das Gefühl, dass von einer DMP erwartet wird, möglichst alle Business Probleme zu lösen. Deshalb sollte ich wohl später noch einmal darauf eingehen, was eine DMP nicht kann. Aber fangen wir zuerst damit an, zu erläutern, wozu wir eine DMP wirklich einsetzen sollten. Welche Business Probleme löst eine DMP? weiterlesen